DAS INNERE AUGE
Scheiders Film über Wassily Kandinsky
Die erste Berührung mit Kandinsky hinterlässt erstmal gemischte Gefühle, wenn überhaupt. Linien, Dreiecke, Kreise, Farbexplosionen, unscharfes Zeug. Würde man sich nicht ohne weiteres ins Wohnzimmer hängen, oder? Auch Scheider steht erstmal vor Leinwänden und wirft Fragezeichen in die Luft. Daraus soll ich einen Film machen? Klingt nach Knochenarbeit. Dann aber kam der Moment, in dem alles klar wurde. Und plötzlich ging mir der Film leicht von der Hand. Und nicht nur das: Auf viele offene Lebensfragen hatte Scheider plötzlich Antworten.
Farbenzauber!
Scheiders Video über den Farbforscher Kandinsky
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Das bunte Leben (1907, Lenbachhaus München)
Wir engagieren eine Schauspielerin, die als Museumsbesucherin von Kandinsky verzaubert wird. Sie steht vor Kandinskys Meilenstein-Gemälde „Das bunte Leben“. Auf den ersten rotzigen Blick gleicht es einem naiven Wimmelbild. Huch, was gibts da alles zu sehen! Du weißt gar nicht, wo Du zuerst hinsehen sollst. Märchenfiguren, Hexen, Ruderer, Stadt Land Fluss, ein Ritter schwingt das Schwert. Puh, anstrengende Sache, oder? Von wegen. Alles hat Sinn. Alles hat seinen Platz. Kandinsky ist Russe. Und die russische Volkskunst malt stets mit satten Farben auf schwarzem Untergrund. Das bringt die Figuren mehr zum Leuchten. Sieht man in Russland auf dem Lande überall. Auch das bunte Leben ist auf Schwarz gemalt. Also eine Hommage an die russische Seele. Auch die Fabelfiguren. In Russland erzählen sich die Menschen seit Jahrhunderten Märchengeschichten. Damit landet man nicht im Gefängnis (unter dem Zaren oder einem Diktator) – und kann obendrein noch so schön versteckte Kritik am System üben (der kämpfende Ritter, der Ruderer gegen den Strom). Ein Baby und daneben ein Greis. Kämpfende Männer. Ein Liebespaar. Und über allem die Mutter Moskau. Das bunte Leben als Liebeserklärung an die Heimat. Vielleicht sogar ein Fall von Heimweh. Denn Kandinsky lebte in München, als sein Stern langsam aufging.
Der Stall der Blauen Reiter
Dreh im Lenbachhaus München
Hier beginnt die Reise. Zuhause in München. Eine hübsche Villa neben dem Königsplatz, das Lenbachhaus. Perfekt für Fahrten mit dem Kamerakran, perfekt für den Einsatz im Steadicam-Geschirr. Hier residieren die Blauen Reiter Kandinsky, Marc, Jawlenski. Jene wilden Künstler nach der Jahrhundertwende, die dem Denken einen völlig neuen Schub gegeben haben. Blaue Reiter sind keine trunkenen Herrschaften beim Galopp, sondern grandiose Vordenker, Genies, Taktgeber. Was sie notiert und gemalt haben, prägt bis heute die meisten Maler. Und ihr Basislager ist hier im Lenbachhaus. Eine Sammlung von Weltrang! Ihr wichtigsten Bilder hängen in München.
Doch ein paar Bilder und Jahre später verschwinden die Umrisse und Formen. Die Ritter und Ruderer bleiben, aber nicht mehr als Figuren, sondern als Gefühl. Jetzt musst Du schon genauer hinsehen. Zum Beispiel der Kirchturm zu Murnau. Die alten Meister hätten ihn lupenfein ziseliert mit jedem Backstein gemalt. Kandinsky scheint ihn hinzurotzen. Schief, unscharf, farbgewaltig. Und trotzdem jedes Quentchen Farbe exakt und wohlüberlegt platziert! Der Mann will unsere Sinne rauben!
Abstraktion! Wie geht das?
Es ist einfacher als gedacht. Ein Beispiel. Lies das Wort „Himmel“. Ok. Unser Gehirn spielt uns sofort Bilder ein. Urlaubshimmel an der Algarve. Unwetterhimmel von gestern. Blauer Himmel über dem Golfplatz. Lauter abgespeichertes Zeug eben. Kandinsky sagt nun: Lösche all die Konserven in Deinem Speicher – und baue Dir selbst ein Bildnis! Aber nicht vor Deinen Augen, sondern in Deiner Seele. Fühle (!) den Himmel! Was sagt Dein Körper nun? Blau? Kalt? Weite? Freiheit? Fühle es, fühle es, fühle es! Dein Körper wird Dir etwas zurückmelden. Und das ist stärker als alle Konserven zusammen! Das ist Abstraktion. Wenn Du magst, nenn es auch Bauchgefühl. Und damit Dir für das Gefühlserlebnis nichts mehr Konserven-artiges im Wege steht, hat Kandinsky zwischendrin sogar nur noch nackte Linien und Kreise gemalt. Sie stellen den Ritter, Ruderer und die Stadt dar – überlassen Dir aber den Rest. Genial eben.
Verliebt in die russische Seele!
Dreharbeiten in Moskau und Umgebung
Katharina und Stefan reisen nach Moskau. Mit der Handkamera. Wir wollen nicht die großen Dreharbeiten lostreten, sondern mit dem Touri-Auge die Dinge ergründen. Viel spannender. Und viel unaufwändiger. Los gehts. Hallo Roter Platz! Wow, was für ein Riesenfeld. Kein Wunder, dass hier durchgeknallte Hobbypiloten mal locker landen. Über dem Kreml weht die russische Flagge. Das Edel-Kaufhaus Gum glitzert innen und außen. Lenin liegt im Mausoleum. Still und starr schreiten die Besucher in der dunklen Grotte an ihm vorbei. Fotografieren streng verboten. Dein neues iPhone musst Du in einem kleinen Holzhäuschen abgeben. Liebespaare schlendern über den Platz. Buntes Leben eben.
Zwei Stunden lang suchen wir das ehemalige Haus von Kandinsky. Dann finden wir es. Eine kleine Tafel an der Wand erinnert an den großen Hausbesitzer. Hier hat er gewohnt, dann die Immobilie verloren. Wir gehen mit laufender Kamera durch das Treppenhaus. Kandinsky liegt hier in der Luft. Frag mich nicht, woran ich das merke. Er ist einfach da.
Ein Chauffeur fährt uns eine Stunde lang aufs Land. Als wir aussteigen, finden wir uns im tiefsten Russland wieder. Stefan macht sofort ein paar Landschaftsaufnahmen. Dann gehts weiter nach Abramtzewo. Ein Künstlerdorf, in dem die verwunschene russische Seele mit all ihren Märchenfiguren ihr Lager aufgeschlagen hat. Eine mystische Mischung aus Hexensabbath und Doktor Schiwago. Aber: Ich bin sofort eingelullt. Oh Gott, wie wundervoll ist das hier! Jetzt endgültig darf ich erklären: Ich liebe Russland! Auf der Rückfahrt stoppen wir mehrmals fast mit Vollbremsung. Hie und da packen wir ein buntes Holzhaus in die Kameralinse. Denn die russische Liebe zur Farbe soll schließlich später diesen Kandinsky erklären.
Ruhepol unter den Rastlosen
Dreharbeiten in New York
New York, immer gerne! Katharina und Stefan landen – und tauchen sofort in den Wahnsinn ein. Auch das Solomon R. Guggenheim Museum steht auf dem Tournee-Plan für die große Kandinsky-Ausstellung. Und da Scheiders DVD auch hier ins Regal kommt, dürfen wir die späteren Kandinskys ablichten. Guggenheim hat den Russen einst gefördert – und ihm seine Bilder abgekauft. So hängen heute die Millionenteuren Werke in dem atemberaubenden Museumsbau.
Nach dem Security-Check legen wir los. Zuerst im Herzen des Museums – mit seinem genialen Schlängel-Gang bis hoch unter die Kuppel. Die Kamera läuft und läuft.
Dann die Abteilung Kandinsky. Volles Haus heute wieder. Wir mogeln uns zwischen den Besuchern durch und immer wieder huschen andächtige Gesichter mit dem Audioguide in den Ohren durchs Bild. Hier ist was los. Unsere Steadicam-Kamera schwebt zwischen Jung und Alt durch. Ach könnten wir bitte hier an der Wand noch einen anderen Kandinsky haben? Yes, Minuten später taucht ein „Spezialkommando“ auf und hängt die Millionenbilder um. Great!
Der Tag im Guggenheim neigt sich dem Ende zu. Jetzt noch schnell die Skyline von Manhattan einfangen. Sonnenuntergang, blaue Stunde, Lichtermeer. Das hätte Kandinsky gefallen. Mit dem Taxi fährt Mensch und Material nach Brooklyn – zu einer Aussichtsplattform. Nach zwei Minuten sind wir alle komplett durchgefroren. Aber die Bilder sind grandios.
KANDINSKY GOES USA!
Scheiders DVD auch im Guggenheim-Museum in New York erhältlich!
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Erwachen in Dessau!
Dreharbeiten am weltberühmten Bauhaus
Nach Moskau, Paris und New York klingt es erstmal nur halb so spektakulär: Dessau! Ein bisschen ostdeutsch, ja. Wellblech-Discounter auf der grünen Wiese und zauberhaft patinierte Straßenzüge in der Innenstadt. Wer hätte gedacht, dass Scheider hier eine freigeistige Explosion erlebt!
Katharina und Stefan flanieren durch Dessau. Viele alte Gemäuer, in denen die Zeit stillzustehen scheint. Vor einer alten Bäckerei halten wir inne. Die Tür steht offen. Dürfen wir reinkommen? Ja gern, sagt ein Verwalter. Wow. Vor über 30 Jahren haben sie hier den Laden abgeschlossen, jetzt kommt wieder Sonnenlicht herein. Dazwischen Dornröschenschlaf. Sogar alte Kartoffelsäcke mit Hakenkreuz stapeln sich noch in einem Nebenraum. Unsere Kamera kann sich kaum sattsehen.
Und dann die Offenbarung. Bauhaus! Einiges gehört davon, ja, aber wer es erlebt, den lässt es nie wieder los. Nix für Liebhaber barocker Pracht. Alles hier ist geradeaus gedacht, ohne Schnörkel, grau und funktional. Immer wieder der kleine Bauhaus-Regenbogen: Gelb, Blau, Rot. Kandinsky hat hier als Meister gelehrt. Und wohnte in einem der Meister-Bungalows.
Wir wandeln in den Räumen, in denen der große Maler einst selbst auf und ab ging. Das Haus wirkt, als hätte es jemand vor drei Jahren erbaut. Elegant, cool, zeitgeistig. Dabei stammt es aus den 20er Jahren. Bauhaus eben. Vordenker, die ganze Generationen bis heute beeinflussen. Nimm das Überflüssige weg und zeige klare Kante. Nie war das 100 Jahre alte Bauhaus so modern wie heute.
Wir bauen den Kamerakran im Garten auf und umrunden das Meisterhaus. Zwei Häuser stehen hier zusammen. Links wohnte Kandinsky. Rechts Paul Klee. Hallo Nachbar! Geballte Visionen liegen in der Luft. Und Stefan hält die Luft an.
Hier begann es!
Dreharbeiten im „Russenhaus“ zu Murnau
Auf den ersten Blick: Ein oberbayerisches schmuckes Villchen auf dem Hügel von Murnau! Blick auf die Kirche, auf die Berge, auf die bayerische Welt. Nett hier. Und einst hat Kandinsky zusammen mit Gabriele Münter das Haus bewohnt. Später zogen irgendwelche Mieter ein – dann wurde ein Museum daraus. Wir packen die Kamera aus.
Das Treppengeländer zieht uns magisch an. Kandinsky hat es einst mit Farbe und Pinsel verziert. Zum Glück ließen die früheren Mieter die Spuren des Russen nicht abschleifen. Mit der Steadicam gehen wir hoch in den ersten Stock – und entdecken Frack, Zylinder und eine alte Farbpalette des Wegbereiters. Wir hören Kandinsky hier atmen.
Das Münterhaus hat mehr zu erzählen, als wir denken. Münter hat hier im Keller zu Nazi-Zeiten viele Kandinsky-Bilder versteckt. Und: Hier stürmten die Blauen Reiter los, um das Objekt zu verbannen und das Gefühl auf die Leinwand zu bringen. Die Loslösung von den alten Meistern, die noch filigran jeden Grashalm auf der Wiese auspinselten. Murnau und München – die wichtigste Station auf dem Weg zur Abstraktion. Großes geschah hier.
Hier endete es!
Dreharbeiten in Paris
Ein letzter Gang für Filmemacher und Team nach Paris – der Ruhestätte Kandinskys
ein hauch von frühling liegt über paris. wunderbares licht, pastellige farben und einen cafe au lait im strassencafe. dann aber ruft die süße pflicht: kandinsky wartet auf uns. im centre pompidou. denn der russe hat seine letzten jahre in paris verbracht.
Monatelang beschäftigt Dich der Lebenslauf eines großen Künstlers – und plötzlich stehst Du vor seinem Grab auf dem Nouveau Cimetiere nahe des Grande Arche. Bewegend. Und irgendwie auch bedrückend. Unter dieser Steinplatte liegt er – der allen Künstlern nach ihm den Weg gewiesen hat.
Als 1933 die Nazis in Deutschland die Macht an sich reißen, fliehen Wassily und Nina Kandinsky aus Dessau nach Paris. Dort finden sich plötzlich nicht mehr die strengen Strukturen in seinen Bildern, sondern Bioformen, die aussehen wie kleine Urtierchen. Die Kunsthistoriker sagen: Er zeigt uns noch einmal den Kosmos – im Großen wie im Kleinen. 1944 stirbt Kandinsky. Seine Frau Nina vermacht alle Bilder und Briefe dem Centre Pompidou.
Blauer Reiter im blauen Studio!
Dreharbeiten im Tegernseer Studio mit einem Kandinsky-Darsteller
Wer einen Film über Kandinsky dreht, steht vor einem Problem: Der Mann lebt seit über 70 Jahren nicht mehr. Und einige Schlüsselszenen existieren auch nicht auf Filmrollen. Was nun, was tun? Genau: Wir engagieren Schauspieler Stefan Rihl, wühlen in der Kostümkiste und schicken Kandinsky in die Bluebox!
Maskenbildnerin Britta Kraft verwandelt Stefan in nur einer Stunde in einen russischen Maler. Wow, sieht perfekt aus. Dann kann es losgehen. Kandinsky zeichnet (!) seine Lebensstationen nach. Kandinsky entdeckt das Heubild von Monet (und beschließt daraufhin, alle kaufmännischen Berufsabsichten sausen zu lassen – und Künstler zu werden). Und Kandinsky steht rauchend auf seinem Balkon in Moskau.
Ein ausgefüllter Tag im Rixner-Studio am Tegernsee! Und gar nicht so leicht für den Schauspieler, die Lebensstationen mit einem Stück Kreide in die Luft zu malen. Aber er kriegt es perfekt hin! Doch nun liegt noch ein Batzen Arbeit vor Stefan: Er muss das Blau mit allerlei Szenen ersetzen. Ziemlich tricky.
ich sehe was, was du nicht siehst
So heisst der offizielle Film zur Ausstellung in München. Die grösste Kandinsky-Schau jemals. Über 95 seiner wichtigsten Gemälde auf einem Fleck! Über 409.000 Besucher haben sich schon an seinem Farbenzauber berauscht. Scheider hat den Film und die DVD dazu geliefert. Ein Film, bei dem viele sagen: Bevor Du in die Ausstellung gehst, schau Dir zuallererst den Streifen an! Denn erst dann verstehst Du, was Du später siehst.
Viele Besucher haben sich beim Verlassen der Ausstellung ins Gästebuch eingetragen. Sozusagen in einem allerersten Gefühlsausbruch nach dem Farbenrausch. Spannend, was die Menschen zu sagen hatten. Vor allem über den Film! Eine Seite nur mit Besucher-Kommentaren und Filmkritiken. Zu 99,5 Prozent positiv – und zu 0,5 Prozent naja…;-)
aufführungen
Städt. Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München (Museumsladen am Rindermarkt und im Online-Shop)
Guggenheim Museum, New York
Mitsubishi Ichigokan Museum, Tokyo
Aiichi Prefectural Museum of Art, Nagoya
Hyogo Prefectural Museum of Art, Kobe
Yamaguchi Prefectural Museum of Art
Gemeentemuseum, Den Haag
Museum Frieder Burda in Baden-Baden
kandinsky-welttournee
münchen | städt. galerie im lenbachhaus & kunstbau 25.10.2008 – 8.3.2009
paris | centre pompidou 8.4.2009 – 10.8.2009
new york | solomon r. guggenheim museum 18.9.2009 – 11.1.2010
UND JETZT VORHANG AUF…
Scheiders Kandinsky-Film „ich sehe was, was du nicht siehst“ auf YouTube!
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