Genom-Projekt von National Geographics
WER BIN ICH WIRKLICH?
Gestatten, 1962 geboren, in Deutschland! Regensburg! Dazu halbblondes Haar, blaue Augen, über einssechsundachtzig groß. Und innen? Ein Weltbürger, ein feuriger Europäer, ein Global Player, ein Ethno-Fan. Soweit der Stand meiner Dinge.
Eines Tages läuft mir ein Projekt über den Weg, für das ich sofort Feuer und Flamme bin: GENO 2 von der renommierten Forschungsgesellschaft "National Geographics". Und das geht so: Ich schicke meine Gene in ein spezialisiertes Labor nach Houston, Texas - und zehn Wochen später weiß ich Bescheid. Bescheid? Na, welche Völker in mir stecken! Bin ich wirklich "typisch deutsch"? Oder mehr ein Wikinger? Oder gar ein Slawe? Oder steppten meine Vorfahren ganz woanders auf der Erde? Über 800.000 Menschen haben den Test schon gemacht und mitgeholfen, eine beeindruckende Datenbank auf die Beine zu stellen. Und einer davon: Der Scheider!
STARTSCHUSS!
Als mir ein Freund von dem Projekt erzählt, zucke ich erstmal zurück. Zu nah an der Geschichte. Rassengesetze von Nürnberg und so. Da bin ich sensibel und will keineswegs in ein rassistisches Fahrwasser geraten. Auf der anderen Seite könnte man – so dachte ich sofort – all den Rechtshetzern im Lande eindrucksvoll demonstrieren, dass wir alle vom Affen abstammen! Von wegen Ausländer raus. Wer das jetzt noch ruft, muss wohl selber raus. So einfach ist das. In jedem von uns steckt möglicherweise ein Dschingis Khan oder ein Hägar! Und wenn ich mein Ergebnis publik mache, könnte mancher der verirrten Schäfchen aufhorchen und sich eines Besseren besinnen. Vielleicht. Und da das ganze Projekt unter der Regie der anerkannten Gesellschaft National Geographics läuft, stand der Entschluss zur Teilnahme bald fest.
Auf der Geno2-Seite bestelle ich das Kit. Die Sache fällt leider nicht unter die Kategorie „Schnäppchen“ mit 179€ für das Set. Und als der UPS-Bote das Paket anliefert, kassiert der Zoll nochmal rund 40€. Ganz schön happig, so eine Wurzel-Resektion.
DAS PAKET
AUSPACKEN & SPUCKE SAMMELN
Das große Paket liegt jetzt auf dem Schreibtisch. Nach der ersten Öffnung schweben einem erstmal Luftpolster entgegen. Dann ein Katalog. Gleich ab ins Altpapier. Und schließlich das kleine GENO2-Kit, elegante Box mit zwei Stäbchen, Röhrchen und Tütchen.
Ein wattierter Umschlag liegt bei, um meine Erbinfos sicher und gut gepolstert nach Houston zu schicken. Ich packe vorsichtig die Stäbchen aus. Jedes für eine Wange-Innenseite. 45 Sekunden schaben. Ach ja, eine Stunde lang vorher nix essen, trinken oder rauchen! Dann ein Röhrchen öffnen und das Pad am Ende des Stäbchens hineindrücken. Schwupps, schon passiert. Das Mini-Wattepad mit meiner Spucke landet in einer Flüssigkeit. Röhrchen zuschrauben, fertig. Das gleiche Spiel mit der anderen Wange. Fertig!
Jetzt kreuze ich noch auf einer Karte an, dass ich männlich bin. Die Karte trägt auch meine Seriennummer. Unter dieser Nummer kann ich dann später im Netz meine Ergebnisse abrufen. Röhrchen und Karte wandern in den Umschlag, dann ab zur Post und für 3,70€ auf die Reise schicken. Geduld ist jetzt eine Tugend, denn die Geno-Forscher setzen rund zehn Wochen Wartezeit an.
COOL!
RESULTS!
Bsssssss… die Zeitmaschine beamt uns jetzt mal zehn Wochen weiter. Ich logge mich in die Geno-Seite ein und gebe meine Seriennummer an. Und voilà, da steht es geschrieben – das Resultat. Auf englisch. Kein Problem bei mir, aber www.leo.de steht schon im Browser bereit, falls ein Stolperstein naht.