rs_logo_2016_smallLIVE DURCHS DUNKEL!

PLÖTZLICH SENDEN WIR EINE GANZ ANDERE RUNDSCHAU AM 22.7.2016

18.25 Uhr. Noch fünf Minuten bis zur Sendung. Alle sind schon im Studio. Die Dinge laufen offenbar nach Plan, was nach Nizza und Würzburg auch mal wohltut. In diesen Sekunden kommt Chef vom Dienst Christian Wölfel aus der Regie, mit dem Telefon am Ohr. „Schießerei im OEZ“ ruft er nur kurz ins Studio. „Ach du scheiße“ hört man von einigen. Uns wird sofort klar: Ab jetzt liegen die Dinge ganz anders.

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ALLER ANFANG…

18.30 Uhr Unser Trailer startet, das Rotlicht leuchtet auf. Scheider ist jetzt auf Sendung und verkündet zuerst die Schießerei in drei dürren Sätzen. Mehr geht auch nicht, weil wir nicht mehr wissen. Ich kann den Zuschauern nur erstmal eines versprechen: „Wir informieren Sie natürlich sofort im Laufe der Sendung!“

Wir fahren die Rundschau zunächst nach Plan. Doch schon nach wenigen Minuten erfahren wir: Kollege Gutjahr befindet sich nahe des Einkaufszentrums und wir wollen ihn per Skype mit Bild und Ton zuschalten. Die Fummelei in der Technik beginnt. Wir kriegen es aber nicht gebacken. Keine Ahnung, woran es liegt. Das Netz schwächelt gerade auch gewaltig. Also nur ein Handy-Telefonat. Richard, der erst vor kurzem den Anschlag von Nizza „live“ miterlebt hat, steckt schon wieder in einem düsteren Mega-Ereignis. Er erzählt uns per Smartphone, was er sieht und was er weiß. Das kommt natürlich nicht viel Handfestes, aber ein lebendiges Augenzeugnis und er macht seinen Job wie immer gut.

HANDYBILDER!

Der Nachrichtenticker füllt sich langsam. Die Rede ist von Verletzten. Minuten später auch von Toten. Im Netz überschlagen sich die Eindrücke – und die Gerüchte. Ein wackliges Mobilvideo soll den Täter und die Schüsse vor einem McDonalds zeigen. Scheider hält das Smartphone in die Kamera (bekannter Effekt seit dem Türkei-Putsch) und hofft, die Aufnahmen sind authentisch, von Kollegen gecheckt und unser „Verfahren“ kommt nicht allzu „handgestrickt“ über den Bildschirm.

Wenn so eine schreckliche Attacke passiert, rufen viele CvDs im Sender sofort nach einem Mann: Unserem Polizei-Reporter Oliver Bendixen! Der saß wohl gerade zuhause, eilt jetzt in den BR nach Freimann und gibt uns schon mal live aus dem Auto ein erstes Telefon-Interview. Ich hoffe, er steht bald neben mir – denn der Mann kann ruhig, besonnen und sachlich erklären wie kaum ein anderer. Oli, beeil Dich!

AUSNAHMESITUATION!

Die erste Stunde Rundschau ist um, wir senden noch weiter bis um 20 Uhr. Dann übernimmt die ARD Tagesschau das Geschehen. Bis dahin ist Scheider nonstop zu sehen. Keine Chance, während eines Filmes mal einen Schluck Wasser zu nehmen, das Äußere zu richten oder sich sonstwie zu sammeln. So geht das auch weiter bis um acht. 90 Minuten onair. Und als Moderator steht man dabei im luftleeren Raum, kein greifbarer Ticker, kein Second Screen zum Kommentieren – es geht einfach immer weiter. An diesem Abend rutschen mir definitiv zuviele „Ähs“ heraus. Bin dankbar für jede Info, die mir mein CvD aus der Regie ins Ohr flüstert. Aber: In der Ruhe liegt die Kraft! Und hinter den Kulissen rotieren immer größer werdende Teams, um Bilder und Augenzeugenberichte in die Sendung zu hieven. Eine Ausnahmesituation – auch bei uns. Ich sehe in den Augen der gestählten News-Worker Sorge und Ernsthaftigkeit. Sieht man so ausgeprägt nicht oft, das letzte Mal wohl am 11. September 2001…

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18.30 Uhr Sendebeginn. Mit der Vorahnung auf einen wilden Abend.
18.30 Uhr Sendebeginn. Mit der Vorahnung auf einen wilden Abend.
Reden, reden, reden. Das aber bitte seriös, ohne Gerüchte und faktisch fundiert. Definitiv in dieser Lage kein leichter Job.
Reden, reden, reden. Das aber bitte seriös, ohne Gerüchte und faktisch fundiert. Definitiv in dieser Lage kein leichter Job.
Erste Telefonschaltung zu Richard Gutjahr, der sich in der OEZ-Gegend aufhält (bis ihn die Polizei verscheucht).
Erste Telefonschaltung zu Richard Gutjahr, der sich in der OEZ-Gegend aufhält (bis ihn die Polizei verscheucht).

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Meine Nachrichten-Kollegin Sophie von Puttkamer füttert mich mit Handybildern und ausgedruckten Meldungen. Nicht wirklich moderne Arbeitsmittel, aber wirksam. Ich kriege Input! Danke Sophie!
Meine Nachrichten-Kollegin Sophie von Puttkamer füttert mich mit Handybildern und ausgedruckten Meldungen. Nicht wirklich moderne Arbeitsmittel, aber wirksam. Ich kriege Input! Danke Sophie!
Erste Bilder erreichen uns aus dem OEZ.
Erste Bilder erreichen uns aus dem OEZ.
Besser als gar nichts: Ein Handyvideo in die Kamera gehalten.
Besser als gar nichts: Ein Handyvideo in die Kamera gehalten.
Während Oli sein Telefoninterview aus dem Auto gibt, hält Scheider Handybilder in eine andere Kamera.
Während Oli sein Telefoninterview aus dem Auto gibt, hält Scheider Handybilder in eine andere Kamera.

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BR SICHER?

Infodirektor Hinrichs, Fernsehdirektor Scolik und Chefredakteur Gottlieb stoßen zu uns. Sie nicken uns anerkennend zu, machen dem Team Mut und stellen die ein oder andere Weiche. Die Nachrichtenlage zum jetzigen Zeitpunkt mega-beunruhigend: Viele Tote („elf“?), Verletzte und möglicherweise drei (!) Täter auf der Flucht, die Polizei sucht noch nach ihnen. Viel später erst gegen 2.20 Uhr wissen wir: Ein Amokläufer, neun Opfer und das OEZ als einziger Tatort. Und da alles nicht weit weg von unserem Studio passiert (wir hören auch von draußen Martinshörner und Heli-Knattern im Dauertakt), kommt langsam die Frage auf: Wer schützt eigentlich den BR? Falls der oder die bewaffneten Täter auf die Idee kämen, unser Studio zu stürmen und eine Livesendung zu kapern? Sie hätten es momentan noch sehr leicht. Schon läuft die interne Alarmkette an – und die Pforte fährt erstmal die Sperrtore aus. Einige Zeit später stehen auch Security-Leute an den Studiotüren. Ok, ein kleines Problem weniger.

DAS ERSTE PRESCHT NACH

Um 20 Uhr beendet die Rundschau ihren Live-Marathon. Ab jetzt schalten wir uns aufs Erste – und dort folgen viele Stunden Live-Berichterstattung bis in die Nacht hinein. Per Tweet, Facebook und Mail signalisieren mir einige Zuschauer: Schade, dass wir das Erste übernehmen – die Rundschau hätte weitaus kompetenter und näher am Geschehen berichtet. Die Komplimente freuen uns sehr (siehe unten). Aber das ist nicht zuletzt auch ein Kapazitäts-Problem: Tagesschau und Tagesthemen greifen bei Ereignissen in Bayern fast ausschließlich auf BR-ReporterInnen und -Experten zurück – und die stehen dann natürlich nicht mehr für die Rundschau zur Verfügung. So mussten wir zurückstecken – und Hamburg die Vorfahrt lassen.

SCHLUSS JETZT

22:30 Uhr. Scheider schminkt sich ab, fährt jetzt heim an den Tegernsee. Und hofft, den immer noch flüchtigen Täter(n) nicht zu begegnen. Who knows. Aber – alles läuft glatt, die Straßen sind leer und über der Stadt liegt eine nächtliche Schwere, wie ich sie noch nie erlebt habe. Auf der Autobahn nach Salzburg plötzlich ein Blaulicht-Gewitter Richtung München. Vermutlich Verstärkung aus dem Süden. Zuhause angekommen, erstmal ein Glas Wein zum Runterkommen. Es schmeckt nicht. Null. Schlafen? Gute Idee, denn um 6 Uhr morgen früh senden wir wieder eine Rundschau Extra. Und das heißt für den Tegernseer Bewohner: Um 3 Uhr aufstehen! Aber auch das Schlafen funktioniert kaum. Zuviel im Kopf, zuwenig Ruhe in der Seele. Um Eins stelle ich den Wecker auf 2:45 Uhr. Bisschen wenig Spielraum dazwischen. Als der Wecker dann klingelt, erst einmal minutenlange Verwirrung. Was, wie, wo? Es ist halt mal kurz alles aus den Fugen geraten. Die Welt und mein Zeitgefühl. Nun denn, auf, in einen neuen Tag.

Der BR riegelt sich ab: Jetzt geht es nachhause. Eine denk- und merkwürdige Nacht!
Der BR riegelt sich ab: Jetzt geht es nachhause. Eine denk- und merkwürdige Nacht!

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ECHO

Ich will hier wirklich nicht prahlen, wohl aber all dem TV-Bashing nach diesem Abend und dieser Nacht entgegentreten. Im Netz, bei Bloggern und bei den Print-KollegInnen finden wir kaum ein gutes Wort über uns Fernsehleute. Viele bekannte und selbsternannte TV-Kritiker hauen ARD und ZDF regelrecht in die Pfanne. Ist ja auch bequem: Sich alles angucken und dann gemütlich über die Tastatur loswettern. Ich will hier nur zeigen: Viele Menschen empfanden unsere (!) ruhige und unaufgeregte Berichterstattung durchaus als angenehm, selbst wenn die Nachrichtenlage noch dünn war und nicht alle Szenen vor der Kamera Eleganz und Qualität hatten. Wer mich kennt, weiß: Ich würde hier auch negative Kommentare hineinstellen – weil sie dazugehören. Aber: Es gab sie nicht!

 

Stefan, großes Kompliment du hast diese überraschende, schreckliche Nachricht trotz aller Aufregung, uns gut informiert und moderiert!

Du warst großartig gestern! In all dem Chaos und Wirren der ersten Stunden bist du ruhig, sachlich, warmherzig und souverän geblieben. Das war Balsam für meine Nerven im Gegensatz zu manch sensationslüsteren Journalisten, der sich mit dem Leid anderer versuchte zu profilieren!

Lieber Stefan, man hat dir gestern die Angst und Verzweiflung in der Moderation angesehen, als du einer der ersten warst darüber zu berichten. Du hast einen sehr guten Job gemacht, auch wenn man sah, dass es sehr schwer fiel… Danke für Deine bzw Eure journalistische Arbeit, die in solchen Stunden alles andere als leicht fällt!

Danke für die Besonnenheit, die jenseits der Worte spürbar war!

Du bist halt kein Nachrichtenroboter, sondern ein Mensch, der räumlich u. gefuehlsmaessig ganz nah am Geschehen war. Deshalb bist Du so glaubwürdig. Ich hoffe, Du findest nun etwas Zeit, das Geschehene auch persönlich zu verarbeiten!

Auch von mir grosses Kompliment Stefan! Du hast dich sehr von anderen unterschieden. Viele Journalisten waren geistig weit weg bin Geschehen, bei dir spürte man die Nähe u. das Mitgefühl, das hat gut getan!

Lieber Stefan großes Kompliment und herzliches Dankeschön, Du hast uns mit Einfühlungsvermögen, Haltung und Souveränität durch die verwirrenden dramatischen Ereignisse in München begleitet!

Ich hätte lieber den Abend weiter mit der Berichterstattung des BR verbracht, da fühle ich mich menschlich besser aufgehoben als mit den Terrorexperten etc. der ARD/ZDF!

Ich stelle mir das nicht einfach vor, von 0 auf 100 mit so einem Ereignis konfontriert zu werden und dann nach darüber sachkich zu berichten. Hast du sehr gut gemacht, Stefan!

Weiterhin gutes Gelingen. Ihre Schalten zu Breitkopf und der Kollegin vor dem Präsidium waren eine Wohltat!

(…) meinen Respekt für Deine Haltung und Deine sachliche, investigative sowie flexible Art, wie Du über Stunden durch die Sendung geführt hast!

@mtblumencron @AnjaReschke1 @faznet: @DasErste war so lange gut wie vom @BR24 in Person von @fernseh_heini aus München gesendet wurde!

Danke für großartige Professionalität vom @BR24, @fernseh_heini, #OliverBendixen #MartinBreitkopf, @tagesthemen #OEZ

Und auch der BR zuvor in seiner 90min Rundschau mit @fernseh_heini Stefan Scheider! Chapeau!

Der @fernseh_heini, der @gutjahr und der #OliverBendixen machen im @BR24 einen hervorragenden Job. #OEZ #München #MUNICH #Schiesserei

BR mit @fernseh_heini kann ich empfehlen. Da kommen nur bestätigte Infos und keine Gerüchte etc

@fernseh_heini danke für die ruhigen seriösen News zum #oez in Rundschau @BR_Presse Auch an Hr Bendixen. #Muenchen

Der @fernseh_heini hingegen macht sich gut.

Sehr geehrter Herr Scheider, normalerweise äußere ich mich nicht zum TV. Gestern waren Sie und KollegInnen das eindeutig bessere Team. Dass die „Hamburger“ übernahmen und Sie um 20:45 Uhr nicht zurückkamen bedauerte ich. Der ARD „Sprecher“, den ich sehr schätze, wirkte überfordert, vieles unsortiert. Das ging Ihnen und dem BR-Team zu diesem frühen Stadium, wo sehr viele Gerüchte die Runde machten, nicht anders, wirkte jedoch weit souveräner und kompetenter. Vielen Dank.

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Am nächsten Morgen ein vielbenutztes Sendungs-Logo: Rundschau Extra, live ab 6 Uhr!
Am nächsten Morgen ein vielbenutztes Sendungs-Logo: Rundschau Extra, live ab 6 Uhr!
Auch das Erste greift mehrfach auf unseren Experten Oli zurück.
Auch das Erste greift mehrfach auf unseren Experten Oli zurück.
Immer eine Bank: Polizeireporter Oliver Bendixen!
Immer eine Bank: Polizeireporter Oliver Bendixen!
Die Ereignisse von München liegen bei Twitter längst an erster Stelle!
Die Ereignisse von München liegen bei Twitter längst an erster Stelle!
Mit sichtlich geröteten und schmalen Augen senden wir ab 6 Uhr morgens nochmal rund 4 Stunden!
Mit sichtlich geröteten und schmalen Augen senden wir ab 6 Uhr morgens nochmal rund 4 Stunden!

DEBATTE

PRINT WETTERT GEGEN FERNSEHEN – EIN KOLLEGE WEHRT SICH!

In den letzten Stunden wettern Online-Journalisten, Blogger und Printleute heftig gegen das Live-Medium Fernsehen. Viel ist da von mangelndem Qualitätsjournalismus die Rede, Claus Kleber wird sogar für seine Versprecher kritisiert. Kollege Rigobert Kaiser meldet sich dazu auf Facebook – und schreibt zwei längere und vielbeachtete Kommentare! Alles in allem: Ein wunderbares Kompliment an das Rundschau-Team! Danke, Rigobert!

(…) BR-Moderator Stefan Scheider erfuhr wenige Minuten vor seiner regulären Sendung um 18.30 Uhr, dass im OEZ Schüsse gefallen waren. Er musste also ohne Vorbereitung bis 20 Uhr weiter moderieren. Alle anderen Kollegen wurden aus dem Feierabend geholt und mussten schnell auf Sendung. Dass sie das können, hat was mit höchster Professionalität zu tun. Also mit Können, das sie jederzeit abrufen können. Sie brauchen keine Stunden, um ihre Edelfedern zu spitzen. Dass dann Fehler und Versprecher passieren können, ist doch normal und menschlich, oder?

Mit Stefan Scheider und Oliver Bendixen standen im Rundschau-Studio zwei Kollegen, die sich kongenial ergänzten. Stefan stellte die richtigen Fragen, Oli gab die richtigen Antworten, Er war als Polizeireporter mit Jahrzehnte langer Erfahrung und Kontakten stets so gut informiert, wie es die aktuelle Lage zuließ. (… hier gehts zum kompletten Posting!)

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