JOURNALISMUS MIT FINGERSPITZENGEFÜHL
Floskelwolke? Was ist das? Ganz einfach: Ein Medienprojekt von Udo Stiehl und Sebastian Pertsch, das für eine präzisere und weniger spruchbasierte Nachrichtensprache kämpft! Beispiel: Wenn in den Nachrichten ein „Erdbeben“ auftaucht, ist es meistens „verheerend“. Weil die Nachrichtenredakteure das schon seit Jahrzehnten so schreiben. Oder Bremsspuren bei Audi – oder Boeing in Turbulenzen. Auch Behinderte, die an den Rollstuhl „gefesselt“ sind. Auf solche und andere Sprachkrusten macht die Floskelwolke aufmerksam – und wirbt ohne Schaum vor dem Mund für textlich saubere Alternativen. Oder anders gesagt: Ein wichtiges Projekt für guten Journalismus! Jetzt feiert die Floskelwolke den 5. Geburtstag – mit einem 3stündigen Themenabend in Potsdam im Museum Barberini. Und der Dompteur heißt: Stefan Scheider 😉 Na, dann mal los…
EINPEGELN IN POTSDAM!
Das große Event am Sonntagabend (11. August 2019) im Museum Barberini erfordert ein wenig Vorbereitung – auch körperlich. Stefan geht erstmal im Schlossgarten von Sanssouci joggen – bei bestem Wetter. Das macht den Kopf frei und den Körper drahtig. Denn 3 Stunden tiefgehende Moderation vor 150 kritischen Kolleg*innen sind jetzt kein Spaziergang…;-)
STARTSCHUSS!
Um Punkt 19 Uhr legen wir los. Mit viel Stoff und vielen Debatten. Trotzdem schafft es der Moderator, pünktlich um 22 Uhr den Schlussgong zu schlagen. Gar nicht leicht – und viele Aspekte fallen leider unter den Tisch. Aber drei Stunden reichen dann auch mal…;-)
GROSSE NAMEN!
IMPULSVORTRÄGE (Moderationstexte)
Die ersten 5 Minuten kommen von einem Mann, dessen Tag 36 Stunden haben müsste. Denn wenn er nicht Drehbücher oder sonstige Bücher schreibt, dreht er Filme, schreibt an seinem Blog oder fotografiert Hongkong. Und wenn er einen Tweet absetzt, horcht die Gemeinde sofort auf.
Sie hat gefühlt 20 Standbeine und hundert Seiten Lebenslauf – und das schon in so jungen Jahren! Sie schreibt feinste Ware, kritisiert, politisiert, singt und schauspielert! Zum Beispiel – und das ist bei allem Tiefgang wohltuend leicht – in Sturm der Liebe! Klingt nach einem Lebenslauf, der jetzt schon Kultstatus hat.
Erst letzte Woche hatte ich einen Filmbeitrag in der Sendung, der ein Inklusionsprojekt vorgestellt hat – bei dem – Achtung – Behinderte und Nichtbehinderte unter einem Dach leben. Ein schönes Projekt – aber habe ich da richtig formuliert? Behinderte und Nichtbehinderte? Wie 2 Schubladen?
Der folgende Redner wird gleich Tacheles dazu sprechen. Und uns sagen, was wir sagen sollen. Er hat selbst die Glasknochenkrankheit und sitzt im Rollstuhl – kämpft aber für eine barrierefreie Sprache und wird gehört und geschätzt!
PODIUMSDISKUSSION
Brigitte Baetz, Moderatorin und Redakteurin beimDeutschlandfunk
Ulla Fiebig, früher eine Kollegin aus dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen, heute Sprecherin des Bundesfamilienministeriums
Erhard Scherfer, Hauptstadtkorrespondent bei phoenix
Und Frank Überall, Chef des Deutschen Journalistenverbandes und Kommunikationswissenschaftler
WATCH IT!
Die drei Stunden geballte Journalismus-Debatte gibts natürlich auch als Video – zum Schauen & Hören. Video als Stream und Download (ca. 12 GByte):
HEADERBILD: © Jörg Farys/www.dieprojektoren.de
STARTSCHUSS UM 19 UHR!
Um Punkt 19 Uhr legen wir los. Zuerst mit der wunderbaren Musik von Babel Collage – dann mit harten Bandagen gegen die Krusten in der journalistischen Sprachwelt. Neu denken, überdenken, nachdenken – alle kommen ein wenig ins Schwitzen und alle sind bis zum Schluss hellwach. Und die meisten sind sich einig: Das war ein wichtiger und großartiger Abend!
FANGEN WIR EINFACH MAL AN…
Über die Herausforderung für einen Dompteur, einen Abend der Floskelwolke zur Sprache in Medien zu moderieren…
Ok. Wir öffnen da ein riesiges Fass. Sprache in den Medien – dazu 150 kritische Kolleginnen und Kollegen – das Ganze im Kontext der Floskelwolke, also hellwachen „Sprachhütern“… da werden – um es mal mit einer Floskel zu sagen – dicke Bretter gebohrt. Moderator Stefan hat immerhin ziemlich freie Hand, wie er Fragen stellt oder die Podiumsdiskussion führt. Und by the way – Spaß machen soll der dreistündige Abend ja auch für alle Gäste, ohne dass diese ständig auf die Uhr schauen, wann der Reigen denn endlich zuendegeht…
Dann fangen wir doch einfach mal an, sagt sich der Dompteur. Und versucht, Fragen und Debatten praxis- und menschennah zu formulieren. Mit der „Frauen-WM“ beginnt die Diskussion. Schnell habe ich in den Sendungen im Mai 2019 gelernt, „Frauen-Fußball-WM“ zu sagen. Korrekt, oder? Denn eine „Frauen-WM“ könnte auch was anderes sein (eine neue Sendung mit Heidi Klum?). Doch dann plötzlich schießt dem Moderator ein Gedanke quer: Wer „Frauen-Fußball-WM“ sagt – müsste doch 2022 in Katar auch gerechterweise „Fußball-WM der Männer“ sagen. Was aber sicher niemand aus dem Kollegenkreis macht. Das ist „die WM“. Oder die „Fußball-WM“. Da tut sich also plötzlich eine neue Gender-Schublade auf. Diesen Gedanken wirft Dompteur Scheider in die Runde – und belebt sofort die Debatte.
Aber aber. Ganz so einfach ist es auch wieder nicht mit so einer Aufgabe. Denn nach den drei Stunden liegen natürlich keine 10 goldenen Regeln für eine bessere Mediensprache auf dem Tisch. Auch weil in der dann doch kurzen Zeit viele Aspekte unter den Tisch fallen (müssen). Das ist schade. Wir sind aber trotzdem weitergekommen, findet der Dompteur. Und versucht sich mal an drei Leitsätzen…
- Benutzen Sie Twitter als „Werkzeug“, um Formulierungen oder Überschriften oder Fachfragen auszutesten und zur Debatte zu stellen, bevor sie gedruckt oder gesendet werden!
- Brechen Sie sprachliche Krusten auf, die falsche Bilder erzeugen. „An den Rollstuhl gefesselt“ ist nicht korrekt, sagt Raul Krauthausen, im Gegenteil, erst der Rollstuhl mache behinderte Menschen mobil! Klartext – ein Unwort für Samira El Ouassil, sozusagen eine Art „Trillerpfeife für Debatten-Dobermänner“
- Journalismus erfordert ständiges Nachdenken und Reflektieren (auch Diskutieren) – statt formelhaft zu sprechen oder zu schreiben.
Well done Stefanooo 👍🏼👍🏼😍😍😘😘
Oh daaaaanke, Kaaatriiin, freut mich sehr!
😘😘😘